Missbrauch mit angestrandeten Delfinen?

Im Vergnügungspark-Delfinarium in Harderwijk/Holland landen offenbar auch Meeressäuger, die von der Meeresschutz-Gesellschaft ‚SOS Dolfijn‘ als gestrandete Tiere aufgenommen und nach entsprechender Pflege eigentlich wieder ausgewildert werden sollen. „SOS Dolfijn“ wird vom Delfinarium Harderwijk finanziert und ist innerhalb des Vergnügungsparks angesiedelt, recherchierte jetzt die deutsche Organisation Wal- und Delfinschutz-Forum (WDSF). Von 57 seit 1982 registrierten Großen Tümmlern seien bisher 27 Delfine verstorben; zuletzt am 28.04.2012 ein Delfin-Baby. Kein einziger Großer Tümmler sei wieder ausgewildert worden, so das WDSF.

Das Delfinarium Harderwijk dient ebenso als Auffangstation des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms (EEP), einer Vereinigung europäischer Zoos. Im Rahmen eines „Delfin-Karussels“, schreibt das WDSF, würden immer wieder Delfine aus europäischen Delfinarien nach Harderwijk transferiert, die nicht mehr in das Konzept ihres Ursprungs-Delfinariums passen würden. Durch das permanente Delfin-Karussel würden Delfine aus den bestehenden Gruppen heraus gerissen und müssten sich in ihnen fremden Gruppen anpassen. Rivalitätsauswirkungen mit starken Bisswunden seien eine der negativen Folgen, dokumentierte das WDSF in einem Film. Verhaltensstörungen von Delfinen würden u.a. mit starken Psychopharmaka behandelt, wie eine aktuelle WDSF-Recherche im Nürnberger Tiergarten analysiert (link s.u.).

30 Delfine werden derzeit im Delfinarium Harderwijk für die zahlenden Zuschauern in einem Außengehege und in einer Delfinhalle für Showzwecke „missbraucht“, formuliert das WDSF. Neben den 27 Todesfällen bei den Großen Tümmlern seien in den letzten 30 Jahren drei Kleine Schwertwale, zwei Common Delfine, drei Fleckendelfine, drei Weißschnauzen-Delfine und zwei Weißseiten-Delfine verstorben. Die Dunkelziffer der Todesrate dürfte nach Ansicht des WDSF bedeutend höher sein.

Für Schlagzeilen sorgte der weibliche Orcawal Morgan, der im Jahr 2010 von SOS Dofijn nach Anstrandung in der Nordsee gefangen wurde und trotz anfänglicher Ankündigung nicht wieder ausgewildert wurde, sondern als Show-Objekt im Delfinarium Harderwijk diente. Ende November 2011 wurde Morgan mit Unterstützung eines SeaWorld-Teams von Harderwijk in den Loro-Parque auf Teneriffa transportiert. Dort wird er nun dauerhaft mit anderen Orcas gefangen gehalten – offenbar ein Millionen-Geschäft, meint das WDSF.

Das WDSF dokumentierte in einem inzwischen mehr als 10.000mal aufgerufenem YouTube-Film (Link s. u.) den viel zu kleinen Glaskäfig, in dem der Orca Morgan zur Show gestellt wurde. Außerdem konnte das WDSF hinter den Kulissen feststellen, dass Delfine, wie der Weißschnauzen-Delfin „Robbie“, mit Antibiotika und diversen anderen Medikamenten behandelt werden und in einem Betonbecken von etwa 7 Meter Durchmesser eingepfercht werden. Robbie starb am 12. Dezember 2011 nach sechs Monaten Gefangenschaft.

Tödliche Show mit Schweinswalen

Das Delfinarium Harderwijk bietet auch eine Show mit Schweinswalen (Kleine Tümmler) an, die ebenfalls in der Nordsee von ‚SOS Dolfijn‘ aufgenommen wurden und dann kommerziell verwendet werden, dokumentiert der WDSF-Film. Die Zahl der Schweinswale, die der freien Wildbahn entnommen wurden, liege in Harderwijk bei 100 Prozent, schreibt das WDSF in seinem Bericht. Von 139 registrierten Schweinswalen seien in Harderwijk insgesamt 83 Tiere gestorben, 9 würden derzeit für Show-Zwecke „missbraucht“ und lediglich 47 seien wieder ausgewildert worden.

Delfinarien sind Auslaufmodelle

Nach langen Jahren erfolgloser nachhaltiger Zucht und vermutlich mehr als 100 verstorbener Delfinen alleine in den deutschen Zoos in Duisburg und Nürnberg fordert das WDSF, dass die europaweite Delfinhaltung endlich aufgegeben wird. Seit 40 Jahren Zuchtbemühungen gäbe es in Europa keinen einzigen Delfin, der in dritter Generation überlebt hätte. Weitere Wild-Importe von Delfinen seien daher zu befürchten, so das WDSF.
WDSF-Geschäftsführer Jürgen Ortmüller: „Die Zeichen der Zeit stehen auf Schließung aller Delfinarien – sie sind Auslaufmodelle. Wir lehnen diese Anlagen ab, weil klar geworden ist, dass Zoos und Vergnügungsparks mit Delfinarien keinen Beitrag zur Arterhaltung von freilebenden Delfinpopulationen leisten können. Die Delfinart des Großen Tümmlers gilt als nicht gefährdet. Noch nie wurde überhaupt ein Delfin aus einem Delfinarium im Rahmen des EEP wieder ausgewildert. Die wenigen gelungenen Nachzuchten können gar nicht ausgewildert werden, weil sie in Gefangenschaft das natürliche Nahrungs-Jagdverhalten verlernt haben. Einen angeblichen Bildungsauftrag mit hunderten verstorbener Delfine zu erfüllen, ist makaber. In erster Linie geht es den verbleibenden Zoos und Vergnügungsparks darum, zahlende Besucher durch das Delfinarium-Angebot anzulocken. Wir hoffen, dass immer weniger Leute Eintrittskarten für Delfinarien kaufen, wenn sie über die Hintergründe der katastrophalen Delfinhaltung informiert sind.‘–

http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded v=P5eAElTQaXs
http://www.wdsf.eu/index.php/delfinarien/delfinarium-harderwijkholland
http://www.wdsf.eu/index.php/delfinarien/delfinarium-nuernberg/aktuell
http://www.ceta-base.com/phinventory/historicalphins/allphins_harderwijk.html

Pressekontakt:
Wal- und Delfinschutz-Forum (WDSF)*
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*Jürgen Ortmüller
Gesellschafter-Geschäftsführer u. Gründer WDSF

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