Durchbruch zur Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes

Zur heutigen Verhandlungsrunde zur Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes erklären Sören Bartol, Sprecher der Arbeitsgruppe Verkehr, Bau und Stadtentwicklung der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Fischer, Sprecher der Arbeitsgruppe Verkehr, Bau und Stadtentwicklung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Patrick Döring, Stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion und Dr. Anton Hofreiter, Vorsitzender des Ausschusses Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Bündnis 90/Die Grünen):

Der Durchbruch zur Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes ist geschafft. Damit soll das deutsche Recht für den Öffentlichen Personennahverkehr an den geltenden EU-Rechtsrahmen angepasst und der Markt für Fernlinienbusse libera­lisiert werden. Im parlamentarischen Verfahren haben sich die Fraktionen von CDU/CSU, FDP, SPD und Bündnis 90/Die Grünen auf einen Kompromiss zwischen dem Regierungsentwurf und dem Gesetzentwurf von SPD und Grünen geeinigt.

Seit Mai liefen intensive Verhandlungen zwischen den vier Fraktionen, an denen auch Vertreter des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und viele Länderministerien beteiligt waren. Bei der heutigen abschließenden Verhandlung einigten sich die Vertreter der vier Fraktionen auf die Einbringung eines gemeinsamen Änderungsantrags zum Gesetzentwurf, der im Herbst im Bundestag abschließend beraten werden soll.
Auch die Ländervertreter, unter ihnen zahlreiche Staatssekretäre, unterstrichen die Absicht, den gefundenen Kompromiss im Bundesrat zügig umzusetzen. Jetzt ist der Weg frei für ein rundum erneuertes Gesetz, weil bei allen Beteiligten eine hohe Bereitschaft zum Kompromiss vorhanden war.

Der Kompromiss beinhaltet zum Einen die Anpassung des deutschen an das seit
2009 unmittelbar geltende neue europäische Recht für den Öffentlichen Nah­verkehr (EU-Verordnung Nr. 1370/2007). Der Gesetzentwurf bringt Rechtssicherheit für Verkehrsunternehmen und deren Beschäftigte sowie kommunale Aufgabenträger.

Dabei schafft er ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem unternehmerischen Interesse der Verkehrsunternehmen, insbesondere auch der kleinen und mittelständischen privaten Unternehmen, und trägt der Gestaltungsverantwortung der kommunalen Aufgabenträger für ein ausreichendes Verkehrsangebot Rechnung.

Die Einigung umfasst zum Zweiten die lang erwartete Liberalisierung des Marktes für Fernlinienbusse. Sie schafft die Voraussetzungen für ein neues Mobilitätsangebot im Fernverkehr. Im Wettbewerb um den neuen Markt sollen etablierte Verkehrsunternehmen, darunter auch kleine und mittelständische Busunternehmen, ebenso ihre Chance haben wie junge Unternehmen mit innovativen Geschäftsmodellen.

Zum Kompromiss in Einzelnen:

Im Bereich ÖPNV:

Es gilt weiterhin der Vorrang eigenwirtschaftlicher Verkehre. Das unternehmerische Betätigungsfeld insbesondere für das mittelständisch geprägte Omnibusgewerbe ist gesichert. Gleichzeitig wird die Aufgabenverteilung von Aufgabenträger und Genehmigungsbehörde neu strukturiert. Die Aufgabenträger können dann Anforderungen an das Verkehrsangebot definieren, wenn sie bereit sind, dieses zu finanzieren.
Sollte es kein eigenwirtschaftliches Angebot geben oder dieses von wesentlichen Anforderungen abweichen, kann dieser den Verkehrsauftrag nach Maßgabe der EU-Verordnung Nr. 1370/2007 vergeben.

Die Novelle passt damit das deutsche Recht an die in der EU-Verordnung vorgesehen Handlungsmöglichkeiten der Aufgabenträger zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge, Eigenerbringung und Direktvergabe an.

Ergänzt wird die Novelle um eine Stärkung des Ziels der Barrierefreiheit im Nahverkehrsplan. Vom Ziel vollständiger Barrierefreiheit darf nach einer Übergangfrist bis 2022 nur noch in begründeten Ausnahmen abgewichen werden.
Dies trägt einerseits dem Recht auf barrierenfreien Zugang Rechnung, andererseits den hohen Investitionskosten für barrierefreie Infrastruktur.

Vereinbart wurde auch ein erster Schritt zur Erleichterung der Genehmigung von alternativen Bedienformen wie Anrufsammeltaxis, die im Zuge des demografi­schen Wandels an Bedeutung gewinnen.

Im Bereich Fernbuslinien:

Der Buslinienfernverkehr wird freigegeben. Zukünftig sind überall in Deutschland Fernbuslinien möglich, die untereinander und auch mit dem Eisenbahnfernverkehr konkurrieren dürfen. Damit wird es ein völlig neues öffentliches Verkehrsangebot geben, das sich insbesondere an preissensible Kunden richten wird, denen Bahnfahren oft zu teuer ist.

Der Eisenbahnschutz und damit die grundsätzliche Versagung der Genehmigung für Fernbuslinien soll ganz entfallen. Ein Unterwegbedienungsverbot bei einem Haltestellenabstand bis zu 50 Kilometern oder einer Stunde Reisezeit schützt jedoch den öffentlich finanzierten Schienenpersonennahverkehr. Um einen fairen Wettbewerb und die Sicherheit der Fahrgäste zu gewährleisten, gilt besondere Auf­merksamkeit der Qualifikation der Fahrer und Einhaltung der Sozialvorschrif­ten wie Lenk- und Ruhezeiten. Dazu bedarf es einer wirksamen Kontrolle durch das Bundesamt für Güterverkehr.

Damit das neue Angebot auch für mobilitätseingeschränkte Menschen nutzbar ist, sollen nach angemessener Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2019 Fernlinien­busse barrierefrei sein. Neue Fernbusse müssen bereits ab dem 1.
Januar 2016 mit mindestens zwei Plätzen für Rohlstuhlnutzer und den entsprechenden Einstiegs­hilfen (Hublifte) aufgestattet werden.

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