Junge Motorradfahrer dürfen bald schneller fahren
Bad Windsheim (ARCD) – Bisher gilt in Deutschland für Fahrer unter 18 Jahren auf einem Leichtmotorrad bis 125 ccm ein Tempolimit von 80 km/h. Ab 19. Januar 2013 entfällt diese Regelung, dann tritt die 6. Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung in Kraft. Die 3. EG-Führerscheinrichtlinie, woran sich die deutsche Verordnung orientiert, erlaubt keine Sonderauflagen für die Fahrerlaubnis A1 mehr, teilte das Bundesverkehrsministerium dem ARCD auf Anfrage mit. Allerdings gilt fortan eine verschärfte Definition der Klasse A1, die neben dem Hubraum von 125 ccm und einer Nennleistung von nicht mehr als 11 kW auch das Verhältnis zum Gewicht vorschreibt: Es darf künftig 0,1 kW pro kg Gewicht des Motorrades nicht übersteigen. Dieses zusätzliche Kriterium „Verhältnis Leistung/Gewicht“ verhindere laut Institut für Zweiradsicherheit (ifz), dass Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klasse A1 Zugang zu sehr leichten und gleichzeitig starken Fahrzeugen haben, die deutlich schneller als 100 km/h fahren.
Für Peter Glowalla, erster stellvertretender Vorsitzender des deutschen Fahrlehrerverbandes, ist der Wegfall des Tempolimits für Fahrer unter 18 überfällig. Die Fahranwärter in der Klasse A1 würden schon heute die gesamte Ausbildung auf einem nicht begrenzten Leichtmotorrad absolvieren. Danach mussten sie bisher bis zum 18. Geburtstag auf einem 80 km/h-Motorrad fahren. „Auf Autobahnen und Landstraßen ist das sehr gefährlich, weil keine Differenzgeschwindigkeit zu den Lkw vorhanden ist. Nach neuem Recht fahren die A1-Motorräder zwischen 100 und 110 km/h und haben so eine angemessene Differenzgeschwindigkeit zu allen auf 80 km/h begrenzten Fahrzeugen.“ Dieter-Lebrecht Koch, stellvertretender Vorsitzender im Verkehrsausschuss des EU-Parlaments gibt zu bedenken, dass schon wegen der vorgeschriebenen „Vermummung“ von Motorradfahrern durch einen Helm während der Fahrt bisher schwer zu kontrollieren sei, ob ein Fahrer jünger als 18 Jahre und damit an das bisherige Tempolimit gebunden ist.
Beim ARCD sieht man den Wegfall der bisherigen Beschränkung mit Sorge. Im Jahr 2010 starben nach Angaben des Statistischen Bundesamtes bei Verkehrsunfällen 101 Menschen im Alter zwischen 15 und 18 Jahren – das bedeutet: alle dreieinhalb Tage ein junger Verkehrstoter. In der Statistik sind nur Sterbefälle erfasst, die sich innerhalb von 30 Tagen nach dem Unfall ereigneten. Wer später an Unfallfolgen verstirbt, wird in der Todesstatistik nicht erfasst. Insgesamt verunglückten im Vorjahr auf Deutschlands Straßen 6219 junge Mofa-, Moped- oder Motorradfahrer zwischen 18 und 25 Jahren – das sind pro Tag 17 junge Menschen. Davon schwer verletzt wurden 1679 Personen, das sind rund 27 Prozent aller Verunglückten in dieser Gruppe. In der Rubrik Fahrerfehlverhalten liegt unangepasste Geschwindigkeit laut Statistischem Bundesamt als Unfallgrund bei allen Unfällen mit Personenschaden in Deutschland an der Spitze. Alle diese Zahlen erklären die Besorgnis des ARCD, wenn künftig noch nicht volljährige Zweiradfahrer um mindestens ein Viertel schneller fahren dürfen als bisher. Der Club fordert Fahrlehrer, Verkehrssicherheitsverbände und die Politik auf, generell das Raserproblem noch stärker als bisher zu thematisieren. Auch sollten wissenschaftliche Untersuchungen den Wegfall des bisherigen Tempolimits ab 2013 hinsichtlich seiner Folgen für die Verkehrssicherheit untersuchen, damit frühzeitig Alarm geschlagen werden kann. ARCD
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