Neuer Personalausweis: Einführung wirft massive rechtliche Fragen auf

Centralverband der Berufsfotografen fordert rechtlich unbedenkliches Verfahren für Ausweisbeantragung

Köln / Göttingen. Scharfe Kritik übt der Centralverband der Deutschen Berufsfotografen (CV) an der Verordnung zur Einführung des neuen Personalausweises („PAuswV“, BR-Drs. 240/10 vom 22. April 2010). Laut dieser Verordnung des Bundesministeriums des Innern „? kann das Lichtbild auch ? durch die Personalausweis¬behörde gefertigt werden.“ Die Umsetzung dieser Regelung zum 1. November 2010 führe zu einer unzulässigen Vermischung hoheitlicher und privatwirtschaft-licher Aufgaben. Bisher werden Lichtbilder für amtliche Ausweisdokumente ausschließlich von privaten Fotografen und anderen privaten Dienstleistern angefertigt.

Folge der Neuregelung aus Sicht der Berufsfotografen: „Mit der Verordnung greift der Staat massiv und unnötig in die Marktwirtschaft und den freien Wettbewerb ein. Denn steht es den Meldeämtern frei, mit den Fotografen in Wettbewerb zu treten, werden zahlreiche Existenzen bedroht. „Angesichts ungleicher Bedingungen sehen wir darin einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)“, erklärte Bundesinnungsmeister Hans Starosta im Rahmen der Fachmesse „Photokina“ in Köln.

Ein vom Centralverband in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten bestätigt diese Einschätzung im vollen Umfang. Das Gutachten der Rechtsanwältin Dr. Franziska Meyer-Hesselbarth stellt klar, dass die Erstellung der Lichtbilder für Ausweispapiere ? ähnlich wie das Prägen von Kfz-Schildern ? eine rein privatwirtschaftliche Dienstleistung ist und nicht zum hoheitlichen Aufgabenbereich der Kommunen gehört. Bei der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben habe die zuständige Behörde regelmäßig keine Wahlfreiheit; nach der Verordnung kann sie dagegen selbst entscheiden, ob die Lichtbilder in eigener Regie gefertigt werden oder nicht. Die Kann-Regelung der Verordnung zeige zugleich, dass die Vorschrift nicht mit Sicherheitsargumenten zu begründen sei. „Unsere Nachfrage beim Bundesinnenministerium hat ergeben, dass die Rechtmäßigkeit dieser Regelung nicht geprüft wurde. Leider ist auch nicht beabsichtigt, dieses Versäumnis noch rechtzeitig zum Stichtag 1. November 2010 zu beheben“, so Hans Starosta weiter.

Unabhängig davon, ob die Personalausweisbehörde Fotoautomaten betreiben oder Lichtbilder durch eigene Mitarbeiter erstellen lassen wird ? es ist eindeutig, dass hierfür Räumlichkeiten zumindest in unmittelbarer Nähe der Verwaltungsbüros und hoheitlich erlangte Informationen genutzt werden. „Durch diese Verknüpfung erhalten die Berufsfotografen einen unrechtmäßigen Wettbewerbsnachteil“, führt der Bundesinnungsmeister aus.

Die Berufsfotografen haben umfassenden Widerstand angekündigt. Sie werden die Umsetzung der Verordnung juristisch anfechten. Kommunen, die Investitionen in die entsprechende Hard- und Software tätigen, um Lichtbilder anfertigen zu können, droht deshalb erheblicher wirtschaftlicher Schaden. Denn behalten die Berufsfotografen mit ihrer Einschätzung recht, wird die Rechtsprechung den Kommunen das Anfertigen von Lichtbildern untersagen und Fotografen unter Umständen sogar Schadensersatz zusprechen. Für Bundesinnungsmeister Starosta ist klar: „Ein verantwortlicher Umgang mit Steuergeldern ist nur gewährleistet, wenn die Personalausweisbehörden beim BMI auf eine rechtliche Überprüfung der fraglichen Regelung dringen und zugleich auf den Eingriff in die marktwirtschaftliche Ordnung verzichten.“

Der zweite „Knackpunkt“ besteht nach Ansicht des CV im Aufbringen der sogenannten „qualifizierten elektronischen Signatur“ (QES) auf den neuen Personalausweis. Dieser enthält einen Chip, auf dem neben biometrischen Daten und Identifikationsmerkmalen des Ausweisinhabers auch eine QES gespeichert werden kann. Mit Hilfe der QES ist es beispielsweise möglich, Verträge elektronisch zu unterschreiben. Die Bereitstellung der QES erfolgt nach dem Signaturgesetz ausschließlich durch bestimmte private Anbieter, sogenannte Trustcenter, und ist somit eine privatwirtschaftliche Dienstleistung. Die Beantragung und Ausgabe qualifizierter Signaturen durch Personalausweisbehörden würde dagegen zu einer nicht zulässigen Vermengung hoheitlicher und privater Aufgabenbereiche führen.

Der Centralverband der Berufsfotografen betont, dass er der Umsetzung der Verordnung trotz bestehender Kritikpunkte ansonsten positiv gegenübersteht. Insbesondere begrüßt der CV die aufgrund technischer Fortschritte nun realisierbare Möglichkeit der elektronischen Übertragung von Lichtbildern an Meldestellen. Starosta verweist hierzu auf ein gemeinsam mit dem CV entwickeltes Konzept der Firma ValiPic aus Eppstein. Danach ist es möglich, Lichtbilder bei gleichzeitiger Gewährleistung eines hohen Sicherheitsstandards schnell und kostengünstig an Meldestellen elektronisch zu übertragen.
Hans Starosta: „Mit diesem System ist es schon heute möglich, die privatwirtschaftlichen und hoheitlichen Aufgaben sauber voneinander zu trennen und die Anforderungen im Sinne aller Beteiligten ? Bürger, Kommunen und Dienstleister ? zu erfüllen. Da gegenüber der Verordnungsregelung bessere Lösungen zur Verfügung stehen, fordern wir die Bundesregierung und die Kommunen auf, eine rechtlich beanstandungsfreie und zugleich ökonomisch effiziente Lösung für die behördliche Praxis der Ausweiserstellung zur Anwendung zu bringen.“

Weitere Infos: www.cvfoto.de

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