Nur gegen strikte Auflagen

Bald soll die EZB unbegrenzt Staatsanleihen der Krisenländer aufkaufen können. EZB-Präsident Draghi hat den Rahmen dafür am Donnerstag offiziell abgesteckt. Trotzdem ist das Entscheidende noch unklar – nämlich die Bedingungen, auf die sich die Krisenländer einlassen müssen, wenn sie die Hilfe in Anspruch nehmen. Zudem sind manche Sorgen und Vorwürfe überzogen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat schon ab Mitte 2010 und auch im zweiten Halbjahr 2012 Staatsanleihen der Krisenländer aufgekauft, allerdings dosiert und vor allem ohne Reformauflagen – denn das ist keine Aufgabe der unabhängigen Institution EZB, sondern Sache der Politik. Deshalb besteht Mario Draghi darauf, dass die EZB nur Staatsanleihen jener Länder kaufen wird, die zugleich unter den Rettungsschirm und seine Bedingungen (Konditionalität) schlüpfen. Das ist richtig, allerdings entscheidet das Kleingedruckte darüber, ob die Reformauflagen konsequent genug sind. Andernfalls könnte der – bislang durchaus beachtliche – Reformeifer der Krisenländer auf Dauer erlahmen, und die EZB-Interventionen würden zur allzu angenehmen Droge, an die man sich gern gewöhnt.

Über die Reformbedingungen wird bereits in den Hinterzimmern der Politik verhandelt. Denn schon der EU-Gipfel Ende Juni hat die Tür für eine potenzielle Aufweichung der Konditionalität einen Spalt weit geöffnet. Es soll demnach ausreichen, dass die betreffenden Krisenländer die jährlichen Empfehlungen der EU erfüllen – der Internationale Währungsfonds (IWF) wird also scheinbar ausgebootet. Die Empfehlungen sind allerdings noch sehr vage und pauschal formuliert. Deshalb muss die deutsche Regierung darauf drängen, dass die Bedingungen detailliert ausformuliert und zudem mit klaren Fristen versehen werden. Auch sollten die Reformprogramme regelmäßig von der Troika überwacht werden, der Internationale Währungsfonds muss zumindest im Boot bleiben. Andernfalls droht ein Präzedenzfall, der die gesamte Rettungsstrategie auf Dauer untergraben könnte. Denn diese baut maßgeblich auf der Idee einer starken Konditionalität auf.

Einige Sorgen der Skeptiker sind jedoch überzogen. So etwa die, dass der Kauf von Staatsanleihen durch die EZB die Inflation anheizen könnte. Denn die Zentralbank will das Geld, das sie über die Anleihekäufe in den Markt gibt, wie schon in den Vorjahren postwendend wieder abziehen. Auch verstößt die EZB nicht gegen ihr Mandat, denn sie will mit ihrer Aktion vor allem die zu hohen Zinsen für die Privatwirtschaft in den Krisenländern senken, und diese Zinsen sind traditionell eng an die Zinsen für Staatsanleihen gebunden.

Ob die EZB indirekt Staatsfinanzierung betreibt, darüber scheiden sich die Geister. Hier muss die starke Konditionalität dafür sorgen, dass das kein Selbstbedienungsladen wird. Die Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit der Währungshüter bekommt freilich schon ordentliche Kratzer, denn die Uneinigkeit im Direktorium tritt offen zu Tage und die Nähe zur Politik ist durch die Eurokrise gefährlich groß geworden.

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