Sozialminister Stefan Grüttner sieht Vorschlag der EU-Kommission zur Berufsqualifikationsrichtlinie kritisch

Der Hessische Sozialminister Stefan Grüttner hat den heutigen Vorschlag der EU-Kommission, Krankenpflegekräfte künftig nur noch europaweit anzuerkennen, wenn sie zwölf Jahre die Schule besucht haben, mit Bedauern aufgenommen. „Ein mittlerer Bildungsabschluss muss auch weiterhin den Zugang zu pflegerischen Berufen und zur Hebammenausbildung eröffnen“ erklärte Grüttner.

Die EU-Kommission hat heute den Entwurf einer überarbeiteten Version der Richtlinie über Berufsqualifikationen vorgelegt. Darin ist unter anderem vorgesehen, dass Krankenpflegerinnen und -pfleger sowie Hebammen im EU-Ausland künftig nur noch dann automatisch in ihrem Beruf anerkannt werden, wenn die Zulassung zu den entsprechenden Berufsausbildungen eine zwölfjährige allgemeine Schulbildung voraussetzt. Bislang reicht hierfür in Deutschland eine zehnjährige Schulbildung aus.

‚Vorschlag wird Fachkräftemangel verstärken‘

„Dieser Vorschlag wird den Fachkräftemangel verstärken, außerdem hat Deutschland bisher gute Erfahrungen damit gemacht, bei der Ausbildung für Krankenpflegekräfte und Hebammen eine zehnjährige allgemeine Schulbildung vorauszusetzen“ so Grüttner weiter.

In Vorfeld der Entscheidung der Kommission zur Modernisierung der Berufsqualifikationsrichtlinie hatte der Sozialminister seine Bedenken auch in einem Brief an EU-Kommissar Michael Barnier formuliert. „Wir können nicht auf motivierte Menschen verzichten, die diese wichtigen Zukunftsberufe ausüben wollen. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt sei ein Fachkräftemangel in diesem Bereich absehbar und einige Kliniken hätten Probleme, freie Stellen zu besetzen“, betonte Stefan Grüttner. Aufgrund des demografischen Wandels und der damit einhergehenden Alterung der Gesellschaft wird der Bedarf an qualifizierten Pflegekräften in Zukunft weiter steigen. „Die Anhebung der Zugangsvoraussetzungen für die Ausbildung in pflegenden Berufen würde zur Verschlimmerung des befürchteten Engpasses führen“, so Grüttner weiter.

Erhöhung der Schulausbildung schließt Vielzahl von gut geeigneten Schulabgängerinnen und Schulabgängern von diesen Berufen aus

Eine Erhöhung der Schulausbildung auf zwölf Jahre führt faktisch zu einer Akademisierung der Berufe und schließt eine Vielzahl von gut geeigneten Schulabgängerinnen und Schulabgängern von diesen Berufen aus. „Eine solche Entwicklung können wir uns vor dem Hintergrund des drohenden Fachkräftemangels nicht leisten. Daher kann ich den Vorschlag der Kommission in dieser Form nicht begrüßen“, sagte der Sozialminister abschließend.

Problematisch ist dabei auch, dass es keine einheitliche Berechnung der Dauer der Schulbildung in den Mitgliedstaaten gibt. So beziehen einige Mitgliedstaaten Zeiträume ein, die in Deutschland als vorschulische Kindergartenjahre definiert werden. „Die deutsche Krankenpflegeausbildung ist im internationalen Vergleich von hoher Qualität. Da die deutschen Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger in anderen europäischen Ländern gerne beschäftigt werden, scheint ihre Qualifikation durchaus geschätzt und anerkannt zu werden“, so Grüttner.

„Dass Deutschland mit seinem System der dualen Berufsausbildung – auch in Berufen, die in anderen Ländern teilweise ein Studium voraussetzen – den richtigen Weg geht, zeigt sich nicht zuletzt in der im europäischen Vergleich niedrigen Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland.“

„Wir werden darauf hinwirken, dass im weiteren Verfahren im Europäischen Rat und Parlament den deutschen Besonderheiten Rechnung getragen wird“ sagte Grüttner abschließend.

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