Tanzpädagogen hoffen auf ein Einsehen bei der Mehrwertsteuer
(Essen, den 25. 09. 2012) Jetzt muss sich der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages mit der Frage beschäftigen, ob und in welchem Umfang private Ballettschulen, Tanzstudios und private Musikinstitute ab 2013 Mehrwertsteuer auf ihre Leistungen erheben müssen. Eine öffentliche Petition, die sich gegen die Wiedereinführung der Steuerpflicht wendet, hat am Wochenende das notwendige Quorum von mehr als 50.000 Stimmen erreicht – es waren über 95.500 Stimmen. „Für uns ist das ein deutliches Signal an die Politik, dass es hier nicht um die Meinung Einzelner geht, sondern dass ein großer Teil der Bevölkerung die völlig ungerechtfertigte Einbeziehung der tänzerischen und musikalischen Erziehung in die Mehrwertsteuer ablehnt“, stellt Günther Rebel, 2. Vorsitzender des Deutschen Berufsverbandes für Tanzpädagogik e.V. (DBfT), Essen, klar.
Stein des Anstoßes ist das Jahressteuergesetz 2012. Danach soll privaten Ballett-, Tanz- oder Musikschulen die bisher in vielen Fällen gewährte Befreiung von der Mehrwertsteuer entzogen werden. Die Folge: Die Schulen müssen 19 % Mehrwertsteuer auf ihre Kursgebühren aufschlagen – ein Betrag, der sich von den Anbietern nicht einfach kompensieren lässt. „Das geben die Margen nicht her“, betont Rebel, „sodass wir diese Preiserhöhung letztlich an unsere Kunden weitergeben müssen.“ Kommunale Tanzstudios und Musikschulen sowie Privatlehrer können hingegen weiterhin auf eine Erhebung der Mehrwertsteuer verzichten und gewinnen so einen Wettbewerbsvorteil von 19 %. Das finden nicht nur viele Eltern ungerecht. „Für etliche Studios ist diese staatlich verordnete Wettbewerbsverzerrung eine Existenzfrage“, warnt Rebel.
Rund 750 Ballettschulen und Tanzstudios sind im DBfT organisiert, bundesweit gibt es insgesamt etwa 2.000. Jede dieser Einrichtungen unterrichtet im Durchschnitt etwa 150 bis 200 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Damit lernen zwischen 300.000 und 400.000 Personen in Deutschland künstlerischen Tanz. Die Ausgaben hierfür belaufen sich pro Person auf durchschnittlich 50 € pro Monat. „Wenn wir hier 9,50 € draufschlagen, sind etliche unserer Kunden nicht mehr in der Lage, das zu bezahlen“, erläutert Rebel, „viele Familien haben zwei oder sogar drei Kinder in einer privaten Ballett- oder Musikschule. Da kommt dann schnell einiges an Mehrbelastung zusammen.“ Angesichts der kulturpolitischen Bedeutung der musikalischen und künstlerischen Früherziehung sollte jedoch niemandem daran gelegen sein, weniger finanzkräftige Familien hiervon auszuschließen.
Die private tänzerische Erziehung wie auch die private Musikerziehung konnte bisher ohne Mehrwertsteuer agieren, da sie eine ganz besondere Aufgabe erfüllen: Sie bereiten Kinder und Jugendliche auf eine tänzerische bzw. musikalische Berufsausbildung vor. „Gerade die privaten Ballett- und Tanzstudios sowie die privaten Musikschulen liefern hierbei eine ganz außerordentliche Qualität“, hebt Rebel hervor, „daran hat sich nichts geändert und wird sich auch in Zukunft nichts ändern.“
Den Gesetzgeber scheint neuerdings jedoch zu stören, dass das Gros der privaten Einrichtungen gewinnorientiert und nicht subventionsorientiert arbeitet. Denn die Steuerbefreiung soll immer dann entfallen, wenn eine Schule die Absicht hegt, mit ihren Unterrichtsangeboten, die womöglich auch der Freizeitgestaltung dienen, Gewinne zu erwirtschaften und diese Gewinne nicht ausschließlich zur Verbesserung der Unterrichtsangebote verwendet werden.
So sehr den Staat ein steigendes Mehrwertsteueraufkommen reizen dürfte – immerhin geht es alleine bei der tänzerischen Ausbildung bei den heutigen Schülerzahlen schätzungsweise um eine Volumen von 2,85 Mill. € bis 3,8 Mill. € pro Jahr – so ungewiss ist, ober er wirklich davon profitiert. „Wenn Ballett- und Tanzstudios und private Musikpädagogen, die bisher ohne Subventionen auskommen, ihre Arbeit einstellen“, warnt Rebel, „müssen deren Schüler letztlich von öffentlichen Anbietern aufgefangen werden. Und das geht sicher nicht ohne einen weiteren Anstieg des Subventionsbedarfs vonstatten.“ Wobei sehr fraglich ist, ob es den kommunalen Einrichtungen überhaupt gelingen kann, ein ausreichendes Angebot zur Verfügung zu stellen, denn bereits heute sind die Wartelisten lang.
Die Hoffnung, dass die Petition noch zu einem Einlenken beim Jahressteuergesetz 2013 führt, ist durchaus vorhanden. Denn etliche Politiker haben das Risiko einer falschen Weichenstellung bereits erkannt. So erklärte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) erst vor wenigen Tagen in seinem Grußwort zum Parlamentarischen Abend des Verbandes deutscher Musikschulen, dass die musikalische Bildung viel zu bedeutend sei, als dass man sich an dieser Stelle Einschränkungen erlauben könnte. Und der Tanz steht dem in nichts nach.
Infos: www.dbft.de
Hinweis für die Redaktion:
Dem Deutschen Berufsverband für Tanzpädagogik e.V. gehören rund 750 Ballett- und Tanzpädagogen aus ganz Deutschland an. Damit ist der Verband der größte Zusammenschluss von Bühnentanzlehrern in Deutschland. Der Verband setzt sich für die Förderung der Tanzpädagogik an privaten Ballett- und Tanzschulen ein und führt dazu pädagogische Seminare durch. Ziel ist ein qualifizierter, gesundheitsfördernder Unterricht für alle Altersklassen und die Stärkung der Rolle privater Ballett- und Tanzschulen als Vorausbilder des professionellen Tänzernachwuchses. Der Deutsche Berufsverband für Tanzpädagogik ist Stifter des Deutschen Tanzpreises.
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