Verhaftung von Schiffskapitän Paul Watson schlägt politische Wellen

Die Verhaftung des kanadischen Umweltschützers und Schiffskapitäns Paul Watson am vergangenen Sonntag auf dem Frankfurter Flughafen schlägt jetzt auch in der deutschen Politik hohe Wellen. Watson war Gründungsmitglied von Greenpeace und macht mit seiner Organisation Sea Shepherd weltweit immer wieder durch spektakuläre Schiffsattacken auf unrechtmäßige Hai- und Walfänger aufmerksam.

Interpol hatte im Oktober 2011 einen Haftbefehl durch Costa Rica erhalten, der aufgrund angeblicher Seerechtsverletzungen im Jahr 2002 beantragt wurde. Watson wurde von Interpol auf die Rote Liste gesetzt, die eine Empfehlung an die 190 Vertragsstaaten zur Verhaftung bewirkt. Nachdem Interpol jedoch festgestellt hatte, dass der Haftbefehl ganz offensichtlich politisch motiviert war, wurde Watson von der Roten Liste wieder gestrichen. Offenbar aber nicht vom Bundesministerium (BMJ) und Auswärtigen Amt (AA), sodass Watson in Frankfurt in Auslieferungshaft genommen wurde. Die Generalstaatsanwaltschaft bestätigte am Donnerstag gegenüber dem Oberlandesgericht (OLG) in Frankfurt den Auslieferungsantrag. Das OLG habe nun darüber zu entscheiden.

Watson ist Mitglied im Beraterstab des deutschen Wal- und Delfinschutz-Forum (WDSF), das sich intensiv, ebenso wieder Watsons Frankfurter Strafrechtsanwalt Oliver Wallisch, um seine Freilassung bemüht. Das Bundesjustizministerium mit Ministerin Sabine Leutheuser-Schnarrenberger äußerte sich gegenüber WDSF-Geschäftsführer Jürgen Ortmüller: „Die Unabhängigkeit der Justiz ist ein hohes Gut.“ Das BMJ habe aber „auf Arbeitsebene seine Zweifel an dem Haftbefehl an die Frankfurter Justiz kommuniziert“. Leutheuser-Schnarrenberger mache allerdings nicht von der Möglichkeit Gebrauch, Paul Watson von der deutschen Roten Liste zu streichen, so die BMJ-Pressesprecherin Anne Katharina Zimmermann. Warum nicht, darüber schweigt die Ministerin. Eine Streichung würde nach Aussagen von Rechtsanwalt Wallisch seine sofortige Freilassung ohne Auflagen bewirken.

Ortmüller: „Wir sind einfach fassungslos, dass Frau Leutheuser-Schnarrenberg und auch Außenminister Guido Westerwelle ihre Möglichkeiten zur Freilassung des Umweltschützers Watson nicht ausschöpfen. Selbst eine politische Seerechtsverletzung im Ausland rechtfertigt keinen Haftbefehl, der auf deutschem Boden vollstreckt wird. Das verstößt gegen elementare Menschenrechte.“ Inzwischen machen sich auf verschiedenen Internet-Portalen von Facebook fast 100.000 Umwelt- und Tierschützer in Petitionen für eine Freilassung stark. Vor dem Bundesjustizministerium protestierten heute Morgen rund 50 Tierschutzaktivisten.

Pikanterweise wurde der Haftbefehl wegen der angeblichen Seerechtsverletzung durch Watson von Costa Rica erst unmittelbar vor dem Besuch seiner Präsidentin, Laura Chinchilla Mirancda, beim japanischen Premierminister Japans, Yoshihiko Noda, sieben Jahre nach dem Tatvorwurf gestellt. Gleichzeitig hatte die japanische Fischereibehörde Anklage gegen Paul Watson wegen seiner Störaktionen gegenüber der japanischen Walfangflotte gestellt. Ein politisches Agreement?

In der nächsten Woche steht ein Besuch der Costa Ricanischen Präsidentin beim Bundespräsidenten Joachim Gauck an. Ortmüller vom WDSF: „Hier zeigen sich ganz offensichtlich politische Zusammenhänge. Deutschland will Costa Rica vermutlich nicht brüskieren, indem es den Haftbefehl aufhebt, obwohl es die Möglichkeit hätte.“

Nach internationalem Recht kann Paul Watson nun 90 Tage in Deutschland inhaftiert bleiben, währenddessen die detaillierten Auslieferungsunterlagen durch Costa Rica übermittelt werden müssen. Sollte sich seine vermutete Unschuld herausstellen, wäre dies ein Justizirrtum mit möglicherweise politischen Folgen.

Jürgen Ortmüller
WDSF-Geschäftsführer
0151 24030 952

gesamten Artikel lesen –>> hier klicken (zurück esc)